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Reportage: Steinheimer Urgesteine

06.12.2019 18:00 Uhr | Lesezeit: 5 min
Reportage: Steinheimer Urgesteine
Dynamisches Fahrer-Trio: Joachim Weidlich, Stefan Firl und Ernest Sale (v.l.) fahren seit Jahrzehnten für Mahlmann
© Foto: Karel Sefrna/TRUCKER

Weniger Plackerei, aber immer anspruchsvollere Kunden: Wie sich die Abläufe im Neumöbeltransport verändern, zeigt das Beispiel der Spedition Mahlmann.

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Joachim Weidlich braucht seine Freiheit. Seit 41 Jahren fährt der 59-Jährige für die Spedition Neumöbellogistik Heinrich Mahlmann im westfälischen Steinheim. Sein Lieblingsfahrzeug ist ein Mercedes Benz, bei dem findet er die Bedienelemente im Innenraum und auch das Platzangebot in der Kabine top. „Da kann man auch während der Fahrt mal den Kühlschrank aufmachen und eine Flasche Wasser rausholen“, sagt Weidlich. Unterwegs ist er meist Richtung Süddeutschland, nach Friedberg zum Möbelhaus Segmüller. Seine Arbeit macht dem gelernten Zimmermann nach wie vor Spaß, sie sei sogar leichter geworden: „Früher haben wir viel ohne Rampe abladen müssen, teilweise bei Privatleuten im Garten. Das ist jetzt vorbei.“ Auch die gewünschte Freiheit lässt das Familienunternehmen Mahlmann seinen 60 Fahrern, sagt zumindest Geschäftsführer Gerhard Mahlmann. „Die sollen losfahren, wann sie wollen. Sie müssen ihren digitalen Tacho sauber einpflegen, aber ansonsten lassen wir die Kirche im Dorf “, sagt er im Interview. Als Firmenchef wirkt er auf dem Boden geblieben. Privat ist der dreifache Vater ein begeisterter Jäger und Hundeliebhaber, sammelt und repariert Trecker und Landtechnikfahrzeuge und hackt gern sein eigenes Brennholz. „Ich bin oft im Blaumann auf dem Betriebsgelände unterwegs, da sieht man nicht, dass ich der Boss bin“, verrät er.

Anfang der 1960er-Jahre mit einem Auflieger von Spier aus Steinheim auf Tour
© Foto: Mahlmann

Auch, was einen Fahrer bewegt, weiß Mahlmann, und zwar aus eigener Erfahrung. Nach Ausbildungen zum Kfz-Mechatroniker und zum Speditionskaufmann stieg er selbst als Fahrer ein, zunächst bei einer anderen Spedition, ab 1990 im heimischen Betrieb. Als Geschäftsführer baute er später als erstes neue Büros und Aufenthaltsräume für die Mitarbeiter. Das Miteinander im Unternehmen ist auch seiner Frau, Andrea Mahlmann, wichtig. „Wir müssen alle Mahlmänner werden“, lautet die Devise der 54-Jährigen, die als Prokuristin die Bereiche Finanzen, Controlling und Marketing verantwortet.

Viele Fahrer arbeiten schon seit Jahren bei der Spedition

Allerdings leiden auch die Neumöbellogistiker unter dem Fahrermangel: Im Schnitt sind die Mahlmann-Fahrer 43 Jahre alt, die Älteren gehen nach und nach in Rente. „Wir kriegen aber keine mehr nach. Jährlich könnten wir mindestens zwei Azubis nehmen, es bewirbt sich aber niemand“, beklagtAndrea Mahlmann. Bewerben sich bereits ausgelernte Kraftfahrer bei Mahlmanns, zählen vor allem Sprachkenntnisse. „Ohne deutschsprachige Fahrer geht es bei uns nicht bei dem, was der Handel von uns an den Rampen verlangt“, so Gerhard Mahlmann.

Hat stets ein offenes Ohr für Fahrersorgen: Disponent Rainer Rüsenberg
© Foto: Karel Sefrna/TRUCKER

Die Spedition beliefert den Möbel- und Fachhandel in der DACH- und der Benelux-Region mit Neumöbeln. „Mr. Allgäu“ nennt sich Stefan Firl. Der 58-Jährige fährt seit 23 Jahren für Mahlmann und ist wie viele seiner Kollegen meist auf festen Routen unterwegs. „Man kennt sich, da gibt’s auch mal einen Kaffee und man kann auch mal eine oder zwei Stunden nach Feierabend abladen“, erläutert Mahlmann die Vorteile. Zu den größten Herausforderungen zählt für das Familienunternehmen allerdings, dass die Fahrer bei manchen Kunden stundenlang aufs Abladen warten müssen. „Dann fahren wir wieder, denn wir müssen Gesetze und Regelungen einhalten.“ 


"Für das, was ich beim Kunden leiste, verdiene ich eine eigene Krawatte"

Joachim Weidlich, Fahrer


Dass die Kunden immer höhere Anforderungen stellen, stellt auch Fahrer Joachim Weidlich fest. Für das, was er mittlerweile beim Kunden machen müsse, „hätte ich schon eine eigene Krawatte verdient“, sagt er. „Man muss die Lagerwagen aufbauen und daran Schaumstoff befestigen“, gibt er ein Beispiel. Und auch der Fahreralltag auf der Straße habe sich stark gewandelt: „Jetzt wollen sie vorschreiben, dass man in alten Motels übernachten muss. Oder man zahlt zehn Euro für einen Parkplatz, wenn man eine gesetzliche Pause machen muss. Das übrige Geld gibt man dann für eine Heißwurst aus, die fünf Stunden in der Bratze gelegen hat“, verdeutlicht Weidlich. Firmenchef Mahlmann ergänzt: „Auch in Sachen Umgangston herrscht heute eine rauere Mentalität auf den Raststätten.“

Um seinen Fahrern etwas Gutes zu tun, hält Mahlmann seinen Fuhrpark stets up to date. „Ein Lkw ist schon noch ein Statussymbol“, stellt er fest. Seine Flotte besteht derzeit aus 56 Lkw, überwiegend von Daimler-Benz, einige von Volvo. Für deren Pflege betreibt das Unternehmen eine Werkstatt, eine Waschanlage sowie eine Tankstelle. Der TÜV kommt regelmäßig ins Haus. Für Großkunden setzt Mahlmann seit 2018 darüber hinaus zwei Langauflieger „Typ 1“ von Weka aus Rheda- Wiedenbrück ein. Mit 1,10 Meter mehr Ladefläche bieten sie sieben Kubikmeter mehr Transportvolumen als ein Standardauflieger. Mahlmann ist begeistert: „Mit dem Lang-Lkw 1 hat man auf einem Sattelauflieger die gleiche Ladelänge wie auf einem Hängerzug, verbraucht aber durch das geringere Eigengewicht weniger Sprit“, resümiert er.

Blick in die Dispo: Hier laufen alle Fäden der Spedition zusammen – auffällig ist das moderne Ambiente im gesamten Unternehmen
© Foto: Karel Sefrna/TRUCKER

Um allgemein den Verbrauch zu senken, drosselte er vor Jahren auch alle Lkw auf 85 km/h. „Das spart fünf bis sechs Prozent Kraftstoff. Der Fahrer fährt entspannter, ohne Überholstress“, erklärt er. Das ge- fiel allerdings nicht allen seiner 60 Trucker, weshalb er die Sperre vielfach wieder aufheben musste. Durchgesetzt haben sich dagegen seit 2012 rollwiderstandsoptimierte Reifen. In Sachen Umweltschutz tauschte Mahlmann außerdem im vergangenen Jahr Einweg- gegen Mehrwegkaffeebecher aus. Allein durch diese Maßnahme spart das Unternehmen nun jährlich 1000 Euro ein. Geld, das dann für andere Zwecke zur Verfügung steht. Sozial engagiert sich das Unternehmen etwa, indem es Schulen und Vereine im Ort unterstützt, Schülerpraktika anbietet und Zeltlager durch Deutschland fährt. Außerdem stellt Mahlmann Fahrzeuge für Hilfstransporte zur Verfügung und für eine Spendenaktion ist man sogar nach Russland gefahren.    

In der eigenen Werkstatt reparieren zwei Gesellen alles selbst, der TÜV kommt regelmäßig ins Haus
© Foto: Karel Sefrna/TRUCKER

Die Gesundheit der Fahrer liegt dem Chef am Herzen

Auch über sein Gehalt kann sich zumindest Fahrer Weidlich nicht beklagen, genauso wie sein Kollege Ernest Sale. Der 63-jährige Brite ist mit 34 Jahren Betriebszugehörigkeit auch ein Speditions-Urgestein. Er kam damals aus dem Vereinigten Königreich nach Hameln, war erst beim Militär und blieb dann der Liebe wegen in Deutschland. Heute geht Sale schon stramm auf die Rente zu, möchte aber weiter bei Mahlmann arbeiten. Mit dem Chef kommt er gut zurecht: „Wenn man Probleme hat, kann man jederzeit zu ihm gehen. Er ist einer von uns“, sagt Sale.


"Ich will ein Chef sein, vor dem man nicht wegläuft."

Günter Mahlmann


Die Gesundheit seiner Fahrer liegt Mahlmann ebenfalls am Herzen: Für die gesunde Ernährung kommt an zwei Tagen die Woche frisches Obst ins Lagerbüro und im Sommer gibt es gratis Wasser sowie stets subventionierten Kaffee aus dem Automaten für 20 Cent. Zusätzlich bezuschusst Mahlmann die Mitgliedschaft in einem Fitnesscenter. Für Joachim Weidlich ist das Möbelschleppen allerdings genug Sport: „Ich trainiere unter der Woche so viel, da muss ich nicht noch am Wochenende Gewichte stemmen“, meint er schmunzelnd.


FÜNF FRAGEN AN DEN CHEF GÜNTER MAHLMANN

Was bieten Sie Ihren Mitarbeitern?
Ich will ein Chef sein, vor dem man nicht wegläuft. Haben unsere Fahrer unterwegs mal Probleme, können sie jederzeit in der Dispo anrufen. Außerdem gibt es freitags und samstags im Aufenthaltsraum unsere Meckerrunden.

Sind Ihre Fahrer am Wochenende zu Hause?
Grundsätzlich ja und oftmals auch einmal zwischendurch in der Woche, allerdings nicht bei allen Touren. Wir haben dazu ein wechselndes System: Es wird je eine Woche Nahverkehr und eine Woche Fernverkehr gefahren.

Was tun Sie in puncto Aus- und Weiterbildung?
Seit Jahren bilden wir junge Leute unter anderem zum Berufskraftfahrer aus. Außerdem organisieren wir zusammen mit der Fahrschule Gödde aus Rüthen mehrmals im Jahr Tagesseminare nach dem Berufs kraftfahrerqualifikationsgesetz. Dazu gehören auch ein gemeinsames Frühstück und Mittagessen. Auch über die Themen Arbeitsschutz und Datenschutzbestimmungen informieren wir regelmäßig.

Was müssen Bewerber mitbringen?
Man muss bereit sein, körperlich zu arbeiten und Möbel zu entladen. Und: Ohne Deutschkenntnisse geht es bei uns nicht bei dem, was der Handel von uns verlangt.

Welches Lohnmodell gibt es bei Ihnen?
Wir zahlen Stundenlohn, gestaffelt nach drei Lohngruppen. Außerdem werden unsere Mitarbeiter am Unternehmenserfolg in Form von Prämien beteiligt. Hinzu kommen Spesen und Sonderzahlungen bei Jubiläen und privaten Anlässen, eine betriebliche Unfallversicherung, Zuzahlungen bei der privaten Altersversorgung und der Gesundheitsförderung.  



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