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Fazit zum TGM: Kaum Fortschritt in der Mittelklasse

27.02.2014 08:00 Uhr
Fazit zum TGM: Kaum Fortschritt in der Mittelklasse
Der integrierte DPF soll auch bei häufiger Stadtfahrt klaglos regenerieren
© Foto: Johannes Reichel

Anders als der kleine TGL setzt der mittelschwere MAN TGM 18.290 in seinem Segment nicht das Maß. In Euro 6 trumpft er nur mit hoher Nutzlast und wertigem Interieur auf.

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Konkurrenz belebt das Geschäft: Bei den Verteiler-LKW hat zuletzt MANs schwäbischer Erzrivale um Marktanteile die Entwicklung forsch vorangetrieben. Der nach wie vor überzeugende TGL bei 7,5- bis 12-Tonnern dürfte dabei den überarbeiteten Atego vielleicht noch in Schach halten können; ein Test des Daimler steht noch aus. Der TGM dagegen muss sich in seiner Klasse überholen lassen - vom komplett neu entwickelten Mercedes Antos. Wobei MAN beim TGM von Anfang an kein solch makelloses Gesamtpaket geschnürt hatte wie beim kleinen Bruder TGL. Doch in Anbetracht des enormen Niveaus an Komfort und Technik, das der Mercedes Antos auffährt (Heft 2/14), wirkt der TGM doch in die Jahre gekommen. Da helfen auch die kleineren optischen Retuschen nicht. Immerhin haben die Münchener mit ESP - anders als beim TGL sofort Serie - sowie Spur- und Notbremsassistent nachgezogen.

DIE REGELQUALITÄT DER ASSISTENZSYSTEME IST MAU

Von der Konsequenz der Schwaben, die - bis auf den GPS-Tempomaten (nur OM 471) - vom Abstandstempomaten bis zu "Eco-Roll" und "Attention Assist" sämtliche Systeme aus dem Actros in die Mittelklasse transferierten, ist der MAN aber weit entfernt. Zumal die vorhandenen Helfer in der Test-Praxis von der Regelgenauigkeit und Regelgüte her nicht wirklich überzeugten: Der radarbasierte Notbremsassistent mit Auffahrwarner sieht anders als im TGL öfter Gespenster und warnt unnötig. Und der kamerabasierte Spurassistent reagiert - wie im TGL - auf Landstraßen schon vor Überschreiten der Fahrbahnmarkierung mit in dieser Häufigkeit nervigem Nagelband-Rattern aus den Lautsprechern, sodass man das System in diesem Terrain schnell abschaltet. Eine zusätzliche grafische Lösung bei Spurabweichung wie im Antos bietet das monochrome Display im knisternden Zentralarmaturenträger mit seinem altmodischen Lämpchengewimmel nicht.

Weniger konsequent ist MAN auch beim Thema Schaltung: Anders als die Powershift 3 im Antos kostet die ZF Tipmatic hier noch Aufpreis. Schwerer wiegt, dass die Schaltstrategie des "Automaten" unharmonisch ist. So verweigert die AS-Tronic auf der Landstraße konsequent den zwölften Gang, obwohl das vom Lastzustand und der Motorkraft her durchaus möglich wäre. Das merkt der Fahrer, wenn er die oberste Stufe manuell einlegt: Entspannt und geräuschmindernd bummelt man bei 65 km/h dahin. Auch vor Steigungen sieht sich der Chauffeur öfter zum Handeln gezwungen, weil die Getriebesteuerung träge reagiert und nicht immer passend sortiert. Manuelle Eingriffe gehen mit dem klobigen Lenkstockhebel leider nicht sonderlich locker von der Hand.

Auch im anschließenden Gefälle agiert die AS-Tronic nicht ganz treffsicher, stuft manchmal gleich zwei Gänge zurück. Dafür gefällt die EVB-Motorbremse mit kräftiger Wirkung und man muss mit dem ausgeladenen Solo-18-Tonner selten beibremsen. Was wiederum von Vorteil ist, denn die Betriebsstopper sind mit wachsweichem Pedalgefühl und undefiniertem Bremspunkt nur mäßig dosierbar. Im Motorbremsbetrieb fällt auch auf, dass der 6,9-Liter-Common-Railer nicht gerade ein Ausbund an Kultiviertheit ist. Zumindest im TGM macht er sich laut bemerkbar. Irgendwoher aus dem Antrieb dringen beim mäßig vorbereiteten Testfahrzeug mahlende Geräusche. Jedenfalls ist es kein akustisches Vergnügen, dem D0836 bei der Arbeit zuzuhören.

Zumal er trotz 1150 Nm Drehmoment wenig temperamentvoll wirkt. Insbesondere der Antritt ist schlapp, bei unserer Stadtfahrt "versackte" der TGM einmal völlig und kommt generell nur träge aus den Startblöcken. Wenig drehfreudig und lustlos arbeitet sich das Aggregat durchs Drehzahlband. Kein Vergleich etwa zum bärig durchziehenden Scania-Fünfzylinder im P-Modell oder dem leistungswilligen neuen 7,7-l-Motor im Antos.

WENIG FREUDE AM FAHREN: HANDLING MAN-UNTYPISCH

Anders vom TGL oder auch dem großen TGX gewohnt, bereitet auch das Handling im TGM keine echte Freude. Das leicht schräg stehende, riesige TGX-Lenkrad weist viel Spiel auf und schlackert ziemlich. Das Lenkgefühl ist schwammig, der Fahrer bekommt einiges an Stößen ab - wie übrigens auch an Abrollund Windgeräuschen. Der Federungskomfort ist dank bequemer Komfortsitze passabel, ob spürbarer Verwindung des schlanken Rahmens aber nicht überragend.

Was aber zu einer der großen Stärken des TGM überleitet, bei der er jeden Antos und Scania P kassiert: Die Nutzlast bleibt auch mit Euro 6 (plus 190 Kilo) hoch. 8180 Kilogramm Leergewicht mit Walther-Schiebeplanen-Aufbau und vollen Tanks, das ist ein Wort, bei dem mancher Unternehmer alle Mäkeleien seines Fahrers vom Tisch wischt. Der kürzlich getestete Antos wog mit Junge-Vollkofferaufbau 8970 Kilo und brachte als leeres Fahrgestell bei ähnlichem Radstand 500 Kilo mehr auf die Waage.

Das muss der Chef aber gut gegenrechnen: Denn verbrauchsmäßig bekleckerte sich der TGM mit 23,6 l/100 km an Diesel sowie etwa 0,5 l/100 km an Adblue nicht gerade mit Ruhm ... Wobei die Angaben bei Verteilern ohne Referenz-Truck ermittelt werden, mithin nur als Anhaltspunkt dienen. Trotzdem: Das ist nicht gerade asketisch und liegt weit über dem Vorgänger in Euro 5 (22,7 l/100 km). Bleibt der Trost für den Fahrer: Man sitzt jetzt schöner im TGM.

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