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Test & Technik: Designerstück

01.03.2021 15:00 Uhr | Lesezeit: 5 min
Test & Technik: Designerstück
Der Iveco S-Way 480 Active Space
© Foto: Karel Sefrna

Lange hat es gedauert, bis Iveco seinen Neuen in den TRUCKER-Test schickte. Neben seiner ansprechenden Hülle offenbart der S-Way 480 viele andere Qualitäten.

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Das ist für den beim Test mitfahrenden Iveco-Werksfahrer echtes Neuland – aber eines, an das er sich nach eigener Aussage gerne gewöhnt! Auf dem Autohof spendiert ein aus einem schwedischen Fabrikat aussteigender Kollege der Testzugmaschine ein anerkennendes Kopfnicken – garniert mit dem Zuruf: „Optisch ist der neue Iveco wirklich ein feines Auto!“

Bei allen Mitarbeitern der „Industrial Vehicles Corporation“, wofür der Name Iveco bekanntlich abgekürzt steht, geht das runter wie Öl, schließlich hatte es die italienische Marke in Sachen Image bekanntlich bisher nicht leicht!

Unter der hülle steckt der Kabinenrohbau des Vorgängers

Neben ihrem gefälligen Design kaschiert die neue Hülle zudem geschickt, dass der S-Way eigentlich gar nicht so brandneu ist, wie der Hersteller glauben machen möchte. Schließlich spendet hier noch der Kabinenrohbau des Vorgängers seine Gene, was aber lediglich beim Blick auf die Fahrerhausrückwand erkennbar ist.

Auch das Motorenprogramm der Diesel- und LNG-Erdgas-Aggregate stammt eins zu eins vom Vorgänger. Für die erste Fahrt über die TRUCKER-Testrunde entsendet der Hersteller die berühmte goldene Mitte: Der 11,1 Liter große Cursor 11 tritt in seiner stärksten Einstellung mit 480 PS an. Sicher nicht ohne Kalkül, denn anders als die schwächeren Einstellungen dieses Motors, die mit SCR-only arbeiten, ist hier zusätzlich Smart-EGR an Bord. Hinter der Bezeichnung verbirgt sich eine kleine Rate Abgasrückführung im Teillastbereich von circa sechs Prozent.

Übersichtliches, (noch) weitgehend analoges Cockpit, die Verstellwege des Lenkrads sind weiterhin knapp bemessen
© Foto: Karel Sefrna

Deren Aufgabe liegt nicht in der Eliminierung der Stickoxide im Abgas, sondern das soll für eine Verbrauchsreduzierung im Teillastbereich sorgen, indem Smart-EGR die Temperatur im Zylinder senkt und durch einen vorverlegten Einspritzbeginn für sauberere Verbrennung sorgt.

Ob sich das auf der Testrunde bestätigt, dazu später mehr. Zunächst einmal stellen wir fest, dass der Cursor 11 die Steigungen der Teststrecke etwas weniger souverän erklimmt als mancher Konkurrent. Zwar entspricht das maximale Drehmoment von 2300 Newtonmetern dem Klassenstandard und es steht bereits ab frühen 970 Touren zur Verfügung. Dem kompakten Reihensechszylinder mangelt es aber einfach am letzten Quäntchen Hubraum, um leichte Stiche der Testrunde ohne Gangrückstufung zu bewältigen, wie es die meisten Wettbewerber schaffen. Dem unauffällig agierenden, aber in Sachen Schaltgeschwindigkeit längst nicht mehr federführenden ZF-Traxon-Getriebe kommt so etwas mehr Arbeit zu.

An einer zu langen Hinterachsübersetzung kann es nicht liegen, die Testzug­maschine ist mit der 2,64er-Achse ausgestattet, mit der bei Reisetempo 85 knapp 1100/min anliegen. Da geht mancher Wettbewerber drehzahlmäßig mittlerweile noch deutlich weiter runter. Auch bei Iveco hat man nach eigenen Angaben längere Achsübersetzungen in der Entwicklung, aber bis auf Weiteres eben noch nicht verfügbar.

Trotz der Einblatt-Federung an der Vorderachse bietet der S-Way ein ausgewogenes Fahrverhalten
© Foto: Karel Sefrna

Was positiv auffällt: Wie der Vorgänger zählt der S-Way zwar nicht zu den leisesten Lkw, die beim Stralis bei niedrigen Drehzahlen auftretenden Vibrationen samt Brummgeräuschen haben die Entwickler dem Neuen aber abgewöhnt. Auch die Verarbeitung und die haptische Anmutung der Materialien haben sich spürbar verbessert und stehen den meisten Wettbewerbern nicht mehr nach.

Trotzdem, die durch das gefällige Außendesign entstehenden hohen Erwartungen vermag das Innere der Kabine nicht ganz einzulösen. Zu vieles stammt offensichtlich noch vom Vorgänger Stralis. Der Begriff „altmodisch“ wäre zwar ungerecht, aber die angewinkelte Mittelkonsole wie auch die Armaturen wurden lediglich mit geringen Mitteln verändert – durch neu gestaltete Ziffernblätter beispielsweise.

Bei einem neuen Lkw ebenfalls überraschend: Abgesehen vom Bordcomputer verzichtet Iveco am Arbeitsplatz gänzlich auf Digitales à la Mercedes-Benz Actros, MAN TGX oder Volvo New-FH. Das ist nicht zwangsläufig von Nachteil, die „analoge“ Feststellbremse des S-Way empfinden wir dagegen als nicht mehr zeitgemäß, ebenso die weiterhin eingeschränkten Verstellmöglichkeiten des Lenkrades.

Die neue Kabine bietet spürbar bessere Platzverhältnisse

Doch wie so oft lohnt es sich, in der „Active-Space“ genannten Fernverkehrs-Kabine genauer hinzuschauen, denn untätig waren die Iveco-Entwickler keinesfalls. Das fängt beim Blick aus dem Seitenfenster an, der nun nicht mehr von einem Steg wie beim Vorgänger behindert wird. Ebenfalls verbessert haben sich die Platzverhältnisse. Das Fahrerhaus ist höher montiert als beim Vorgänger Stralis, was den Motortunnel um 135 Millimeter verkleinert und zudem zwei Außenstaufächer pro Seite ermöglicht. Dass im neuen Iveco nach oben trotzdem bis zu 2,15 Meter Luft bleiben, ist dem höher bauenden und zusätzlich flacher ansteigenden Hochdach zu verdanken.

Wer nun Sorge trägt, das könnte sich negativ auf die sportlichen Fahreigenschaften des Italieners auswirken, die bislang zu den Tugenden der Marke gehörten, den können wir beruhigen. Die Kabine hängt angenehm straff am Rahmen und gerät in Kurven kaum ins Wanken. Auch das Fahrwerk sammelt weiterhin gute Noten, es entspricht schließlich auch weitgehend dem des Vorgängers. Die Einblatt-Parabeln an der Vorderachse geben sich fahraktiv, aber trotzdem ausreichend komfortabel und auch die direkte Steuerung des Iveco findet weiterhin Gefallen.

Beim Aufstieg stellt der Scania das Vorbild, wie bei dem ist er zu niedrig
© Foto: Karel Sefrna

Gute Testergebnisse bei Verbrauch und Tempo

Doch wie schlägt sich der Neue bei Verbrauch und Tempo? Mit 25,01 l/100 km platziert sich der S-Way im vorderen Mittelfeld. Noch bessere Ergebnisse könnte der S-Way sicherlich mit einer längeren, die Drehzahl noch weiter absenkenden Hinterachsübersetzung auf der Testrunde schaffen.

Wie bereits erwähnt, könnte zu diesem Thema in Turin beziehungsweise Madrid schon bald etwas passieren – gepaart mit weiteren Neuerungen am S-Way-Antriebsstrang, zu denen der Hersteller aber noch nichts verlauten lässt.

Und auch innerhalb der Kabine dürfte in nicht allzu ferner Zeit ein erneutes Update folgen. In welche Richtung dieses weisen könnte, lässt sich am futuristischen Elektro-Prototypen „Nikola Tre“ ablesen, dem der S-Way bekanntlich seine Basis spendet. Dann würde das Innere besser zum gefälligen Außenauftritt passen.


Fazit: Image deutlich verbessert

Der neue S-Way kommt bei vielen Fahrern gut an. Das allein ist für Iveco ein großer Erfolg! Raumangebot und Qualität passen, Verbrauch und Tempo ebenfalls. An macher Stelle sollte Iveco aber bald nachlegen, Stichwort elektronische Feststellbremse und intelligenter Abbiege- oder Spurhalteassistent.



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