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Verschieden geschärft: FM, FMX und FE/FL von Volvo

24.10.2013 08:00 Uhr
Verschieden geschärft: FM, FMX und FE/FL von Volvo
Keine Angst vor Untiefen oder Aufsitzern: Der neue FMX hat einen höheren Rampenwinkel
© Foto: Dieter Michalek

Anders als beim komplett neuen Flaggschiff FH, beschränkt sich Volvo bei FM, FMX, FE/FL für Euro 6 auf unterschiedlich intensive Pflege.

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Mit seinem piranhamäßigen Unterbiss und guten Geländeeigenschaften gelang es dem Volvo FMX, ein größeres Stück aus dem deutschen "Baustellenkuchen" herauszubeißen.

Zur Umstellung auf Euro 6 erfuhr er wie FM, FE und FL eine gründliche Überarbeitung. Trotz aufwendiger Abgasnachbehandlung via AGR und SCR sollen die neuen FM/FMX leichter sein als ihre Vorgänger, dazu komfortabler und fahrerorientierter.

Leiser sind sie auf jeden Fall. Der mächtige Auspufftopf, der SCR-Kat und Partikelfilter vereint, schluckt viel von den Arbeitsgeräuschen der neuen Euro-6-Sechszylinder. Zudem hat ihn Volvo, abhängig vom Typ, so geschickt untergebracht, dass sich nach wie vor ordentliche Tankvolumina unterbringen lassen.

Ein echtes Novum ist "Dynamic Steering", eine elektrische Hilfskraftlenkung, die dem Fahrer seinen Job erleichtern soll. Die Schweden verbauen die extrem leichtgängige Steuerung in FM und FMX, wo sie jeweils einen unterschiedlichen Eindruck hinterlässt. In der Baustelle ist sie eine Offenbarung. Sie glänzt durch sehr niedrige Bedienkräfte, vermittelt dennoch ausreichend Fahrbahnkontakt und filtert fast alle von der Fahrbahn dringenden Stöße dezent weg. Angenehm ist auch, dass sie die Räder selbst bei Minimalgeschwindigkeit alleine wieder in Geradeausstellung bringt.

DER FMX LENKT SICH WIE EIN KOMPAKT-KLASSE-PKW

Das funktioniert auch in schwerem Gelände, wie ein "Ausritt" in einer Grube nahe Göteborg bestätigte. Dort gibt sie dem FMX offroad die Manövrierbarkeit eines Kompakt-PKW. Schade nur, dass es die Lenkunterstützung noch nicht für Varianten mit zwei gelenkten Vorderachsen gibt. Doch schon die Standard-Lenkung besticht durch kontinuierliche Exaktheit. Selbst bei Volleinschlag ist das Pulsen der Servopumpe allenfalls zu hören, aber nicht mehr zu spüren. Auch das vom Vorgänger bekannte Zittern der Lenksäule auf schlechten Straßen ist beim neuen FMX weg. Nur eine Waschbrettpiste in der Grube brachte noch etwas Unruhe ins Volant.

Im FM überzeugt Dynamic Steering dagegen nicht zur Gänze. Dort sind die Lenkkräfte eine Idee zu niedrig und bieten wenig Rückmeldung. Wer in der "Zehn-vor-Zwei"-Stellung die Hände am Volant hat, ist permanent minimal am korrigieren, um den FM auf Kurs zu halten. Besser man legt die Hand unten ans Steuerrad, um den Schweden so auf Kurs zu halten. Dahingegen lassen sich Kreisverkehre zügig und ohne große Anstrengungen durchfahren.

Im Interieur überarbeitete Volvo den Armaturenträger samt Anzeigen komplett und übernahm das Multifunktionslenkrad des FH. Den Schalthebel neben dem Sitz ersetzt im FM optional eine Tastatur im zum Fahrer hin angewinkelten Teil des Armaturenbretts. Eine Offenbarung ist diese ähnlich bei Iveco verwendete Lösung nicht, da sich manuelle Schalteingriffe via Tastendruck noch umständlicher bewerkstelligen lassen als über die Wipptaste am Schalthebel. Die Schaltmimik à la Scania oder Mercedes an einen Lenkstockhebel zu verlegen, war nicht möglich, da FM/FMX rechts ohnehin schon zwei Hebel haben (für Motorbremse und Wischer), bei denen für ungeübte Fahrer durchaus Verwechslungsgefahr besteht.

Die Bedienung der vielen Lenkradtasten macht auf jeden Fall einen Blick in die Bedienungsanleitung ratsam. Wer sich aber einmal ins Menü der Druck- und Wipptasten hineingefuchst hat, kommt gut klar damit. Wenig überzeugend sind die neuen, integrierten Analoganzeigen für Tacho und Drehzahlmesser. Das Auge kann nicht beiden Zeigern gleichzeitig folgen. Da ist die Renault-Lösung mit analogem Drehzahlmesser und digitaler Geschwindigkeitsanzeige besser ables- und leichter erfassbar.

Schade auch, dass die Sperren beim FMX noch immer per Kippschalter aktiviert werden, die zudem fummelige Schieber vor Fehlbedienung schützen. Da gefällt die Drehschalterlösung einiger anderer Anbieter besser.

MOTOR UND GETRIEBE SIND PERFEKT ABGESTIMMT

Die Motor-Getriebe-Abstimmung der zu den Testfahrten vorgestellten 13-Liter-Motoren ist Volvo gelungen. Die Sechszylinder gehen schon bei niedrigsten Drehzahlen äußerst kraftvoll zu Werke. I-Shift wird seinem Ruf, die aktuell beste Schaltautomatik zu sein, in jeder Beziehung gerecht. Zudem lassen sich jetzt die meisten manuellen Schalteingriffe - so sie denn tatsächlich nötig sind - generell auch in Automatik-Stellung des Schalthebels durchführen. Früher musste der Fahrer in "manuell" wechseln. Die Schaltgeschwindigkeiten des Bau-I-Shift überzeugte. Im Power-Modus hält der FMX die Fahrstufen lang und bleibt mit gut 1500 Touren immer auf Zug. Doch gerade im FMX erschwert der neben dem Sitz befindliche Schalthebel rasche Eingriffe. Bei bewusst provozierten Fehlschaltungen stuft I-Shift blitzschnell auf den passenden Gang zurück und schleppt den FMX unter Nutzung der hohen Drehmomentreserven den Berg hoch.

Kipperprofis werden es dennoch vorziehen, manuell und mit generell niedrigeren Drehzahlen zu fahren. "Manuell" empfiehlt sich vor allem in steilen Gefällen. Da schaltet der FMX trotz gezogener Motorbremse gelegentlich hoch und "rennt davon". Durch diese Eigenheit kommt die Motorbremse nicht mehr zum Zug. Die könnte, passende Drehzahlen vorausgesetzt, im FMX durchaus überzeugen.

Im FM verzögert die VEB+ trotz nominell verbesserter Leistung eher schwach. Auch Volvo geht bei Straßenfahrzeugen künftig den Weg extrem langer Hinterachsübersetzungen, um durch niedertourigen Fahrstil den Verbrauch zu optimieren. Die Rede ist von Differenzialen mit 2,3er-Reduktion.

Künftig liefert Volvo auch für die schwere Mittelklasse Abstandstempomat und GPS-Tempomat "I-See". Die Strecken um Göteborg boten aber wenig Gelegenheit, den intelligenten Tempomaten zu testen. Der bezieht seine Streckeninfos von einem Zentralserver. Aus der Praxis hört man, dass das System noch nicht so reibungslos funktioniert wie etwa PPC von Mercedes oder CCAP von Scania.

Die gewichtsoptimierte Einblatt-Parabelfeder an der Vorderachse des FM federt trocken und ist relativ hart ausgelegt.

FMX GRÜNDLICH VERFEINERT, DER FM EHER STIEFKINDLICH

Bei den FMX-Kippern sorgt künftig ein neues Arrangement der Achsen für eine durchgehende Bodenfreiheit von 335 Millimetern. Vorn schützt ein drei Millimeter starker, bis zu fünf Tonnen belastbarer Unterfahrschutz Kühler und Getriebe. Die optionale hintere Luftfederung erhöht den Komfort. Beim 8x6 ist die erste der beiden Vorderachsen angetrieben, was die Manövrierbarkeit verbessern soll. Im Gelände konnte diese Anordnung überzeugen. Der "Fast-Allradler" zeigt sich erstaunlich wendig und glänzt mit einem vergleichsweise kleinen Wendekreis. Die vordere Zugöse hält jetzt 32 Tonnen, was Bergemanöver offroad erleichtern soll.

Bedauerlich ist, dass Volvo die mittlerweile 20 Jahre alten Rohbauten mit der schrägen Frontscheibe übernahm: Immer noch geizen FM und FMX mit Innenraumvolumen, was vor allem im Einsatzgebiet des FM stört. Trotz schlankerer Lenksäule und neuen, vielfach verstellbaren Sitzen mit zehn Millimeter dünnerer Sitzlehne wird es für Fahrer über 1,90 Meter Körpergröße eng. Dafür glänzen die Göteborger generell mit hoher Verarbeitungsqualität sowie vernünftigen Materialien. Selbst auf dem fiesen Offroad-Parcours knistert oder klappert nichts.

Im FE überzeugte der 7,7-l-Motor der Tochter Deutz, den Volvo an das eigene I-Shift-Getriebe gekoppelt hat - sofern man eine automatisierte Schaltung ordert. Im Gegensatz zum I-Sync im FL gefällt die I-Shift-Adaption mit dem gewohnten Ausnutzen des Drehmoments und niedrigem Drehzahlniveau. Beim FE genügt ein leichtes Lupfen des Gasfußes zum Hochschalten. Selbst die auf 26 Tonnen ausgeladenen Dreiachser ließen sich mit den 7,7-l-Euro-6-Antrieben souverän bewegen.

Insgesamt merkt man Volvos neuem Programm die Prioritäten an. FL und FE tun das Nötigste für Euro 6. Der FM wirkt eher stiefkindlich behandelt, bräuchte für mehr Erfolg im nationalen Fernverkehr dringend die neue Kabine. Dagegen wurde der FMX präzise verbessert. Er dürfte neben dem FH Volvos wichtigstes Modell am deutschen Markt bleiben - das mit dem meisten Biss sowieso.

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