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Fahrerprotest: Anfang gemacht

07.06.2013 08:00 Uhr
Fahrerprotest: Anfang gemacht
Rund 150 LKW-Fahrer gingen in Berlin für bessere Arbeitsbedingungen auf die Straße
© Foto: Felix Jacoby

150 Trucker folgten einem Facebookaufruf und forderten in Berlin bessere Jobbedingungen. Fortsetzung bald?

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Rund eine Million Kraftfahrer gibt es in Deutschland, ein Großteil ist mit den Arbeitsbedingungen unzufrieden und macht sich Sorgen um die Zukunft. Doch die weit verstreute Berufsgruppe tat sich immer schwer, der Frustration im Gewerbe gemeinsam Ausdruck zu verleihen. Seit dem Jahr 2000, als über 7000 Fahrer wütend demonstrierten, hat das Berliner Regierungsviertel wohl keine protestierenden Trucker mehr erlebt.

Jetzt rührt sich, online vernetzt, eine noch zarte Bewegung - doch ohne nationale Grenzen. Seinen Ursprung hat der Protest in den Niederlanden vor nicht einmal einem halben Jahr. Kraftfahrer Mark Vos aus Rijssen las von den Philippinern, die von einem Truckingunternehmen in Lettland als Fahrer beschäftigt und von dort aus in Norddeutschland eingesetzt werden. Sie sollen für unter 700 Euro Monatsgehalt arbeiten. Die Aussicht, mit solchen Hungerlöhnern konkurrieren zu müssen, machte den jungen Niederländer wütend.

Wütend ist er ausdrücklich nicht auf die "Billigfahrer", sondern auf die gesetzlichen Rahmenbedingungen, die solchen Irrsinn möglich machen. Er machte seinem Ärger auf Facebook Luft, was eine Welle der Anteilnahme auslöste. Nach wenigen Tagen war ein Internet-Protest mit 6000 Teilnehmern entstanden, bald darauf verdoppelt. Daraus entstand die Bewegung "Actie in de Transport" (Aktion im Transport), die sich in kürzester Zeit zu einem europäischen Projekt mit Ablegern in Österreich, Frankreich, Belgien, Dänemark, Spanien, Italien, Schweden, Finnland und Deutschland entwickelte. In Deutschland geht die Initiative von Fahrer Udo Skoppeck aus, der sich selbst als Gründer einer "virtuellen Protestbewegung" sieht.

Er meint: "Bisher gab es nur Initiativen einzelner Gruppen, deswegen suchen wir die Vernetzung mit anderen Organisationen, um gemeinsam etwas gegen unhaltbare Verhältnisse in der Transportbranche zu tun." So sind zu dem Protestzug am 1. Juni in Berlin auch Mitstreiter vom KCD (Kraftfahrerclub Deutschland) und von der Gewerkschaft Verdi gekommen.

Auch die niederländischen Begründer der "Actie in de Transport" sind angereist. Sie berichten, dass sie mit ihren Forderungen nach einer Begrenzung der Kabotage-Verkehre (Inlandstransport durchgeführt durch ausländische Firmen), nach einer Lockerung der Vorschriften zu Lenk- und Ruhezeiten sowie mit ihrem Protest gegen teils absurd hohe Bußgelder in Europa Gehör bei Verkehrspolitikern in Den Haag und Brüssel gefunden haben.

VERDI WIRBT FÜR BEITRITT ZUR GEWERKSCHAFT

Ob Malene Volkers und Detlef Dreyer von Verdi so wohl bei dem Gedanken ist, dass neben den klassischen Gewerkschaften eine neue Bewegung im Internet entsteht, ist fraglich. Sie fordern vor Ort die Unzufriedenen auf, sich durch Verdi-Beitritt gegen Missstände zu wehren.

Ingo Schulze vom KCD hat nichts gegen das Zusammenwachsen in der Europäischen Union, fordert aber, dass dies unter gerechten Rahmenbedingungen geschehen muss. Thomas Rackow, Geschäftsführer des Unternehmensverbands Logistik Schleswig Holstein, berichtet vom Verschwinden einheimischer Transportunternehmen, die der Billigkonkurrenz nicht mehr gewachsen seien: "Wir haben errechnet, dass das Verschwinden jedes Lastzugs mit deutschem Kennzeichen dazu führt, dass dem Staat rund 80.000 Euro an Einnahmen wegfallen."

Leider fanden nur rund 150 Protestierende den Weg nach Berlin. Und medial geht die Aktion zwischen Fußball-Finale, Hochwasser und Antikapitalismusdemo ziemlich unter. Dafür läuft bei Facebook und in anderen Foren eine teils wilde, teils persönliche Diskussion über das Projekt. Bleibt zu hoffen, dass die verschiedenen Kräfte zu einer wirkungsvollen Protestbewegung zusammenfinden, dann mit größerer Beteiligung vor Ort. Vielleicht in ein paar Wochen im Ruhrgebiet, wenn die zweite Demo vom Stapel gehen soll.

www.actie-in-de-transport.org

MEDIEN-RESONANZ

Fürs Fernsehen nicht spektakulär genug

"Vielleicht hätte ein LKW brennen müssen, damit die Medien von den Protesten gegen die Zustände im Straßengüterverkehr Notiz nehmen?", meinte ein Demo-Teilnehmer sarkastisch. So war etwa Nachrichtensender N24 mit Kamerateam vor Ort. Doch späteres Nachfragen brachte die Antwort, das Thema sei ganz interessant, die Bilder fürs TV aber nicht spektakulär genug. Enttäuschend auch der Blick in die Sonntagszeitungen. Obwohl Fotografen der dpa die Aktion begleiteten und diversen Medien Material angeboten hatten, war von der Demo nichts zu lesen. Stattdessen über einen Rundgang durch den Geisterflughafen Schönefeld - und einen LKW-Fahrer aus Österreich, der sich bei Linz mit einem deutschen PKW-Fahrer angelegt hat. Mit der Ignoranz der Medien einher geht die Ignoranz der Politiker: Keiner ließ sich blicken oder reagierte. Vielleicht muss man auch gezielter Druck machen im Wettstreit der Lobbys, die in Berlin Gehör bei der Politik finden wollen.

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