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Test: Volvo FE 350: Seltener kleiner Bruder

10.01.2019 08:00 Uhr
Test: Volvo FE 350: Seltener kleiner Bruder
Völlig verbergen kann der FE seine Verwandtschaft zum Renault D Wide nicht
© Foto: Jan Burgdorf

Verglichen mit FH und FM, entfallen auf den leichteren Volvo FE deutlich geringere Zulassungszahlen. Ob's am Konzept liegt, klärt eine Fahrt über die Verteiler-Runde.

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Volvo Trucks assoziiert man hierzulande vorrangig mit dem FH und dem FM. Den kleineren FE hat kaum jemand auf der Rechnung. Kein Wunder, denn die Verteilerbaureihe, die Volvo zwischen 18 und 26 Tonnen Gesamtgewicht anbietet, ist auf deutschen Straßen selten anzutreffen. Gerade mal 102 Exemplare brachte Volvo 2017 an Unternehmen und Kommunen, demgegenüber stehen 5566 FH im gleichen Zeitraum.

Damit sich das ändert, legten die Schweden zuletzt bei der Leistung nach. Bislang war bei 320 PS Schluss, wodurch der FE bei Ausschreibungen vieler Kommunen, die zwischen 330 und 360 PS fordern, durchs Raster fiel. Deshalb legte Volvo 30 Pferde nach - wofür übrigens nur eine veränderte Software nötig wurde.

EIN PLUSPUNKT DES VOLVO FE IST DER NIEDRIGE, BEQUEME EINSTIEG

Voll auf den schweren Verteilerverkehr konfiguriert, trägt der Test-Lkw die mittellange Kabinenvariante ohne Bett, dafür mit zusätzlichen Ablagen hinter den Sitzen und für alle Fahrergrößen passendem Sitzverstellbereich. Bequem gelingt beim FE auch der Einstieg. Nur 1,12 Höhenmeter gilt es über drei Stufen zu überwinden. Letztere kann Volvo dank der 2300 Millimeter schmalen Kabine treppenförmig darstellen, sodass das Aussteigen sogar vorwärts klappt, auch wenn wir das natürlich niemandem empfehlen!

Leicht angestaubt mutet der seit zwölf Jahren weitgehend unveränderte Innenraum an. Armaturenträger und Lenkrad erinnern noch an den Vorgänger des aktuellen FH, der dem FE in Sachen Haptik und Materialauswahl meilenweit überlegen ist. Besonders antiquiert wirkt der minimalistische Bordcomputer, und lange haben wir nicht mehr in einem Lkw gesessen, bei dem das eingestellte Tempomattempo nicht im Display angezeigt wird.

Auch die Armaturen sind optisch nicht der letzte Schrei, übersichtlich und problemlos abzulesen sind sie trotzdem. Die Bedienung gelingt intuitiv, abgesehen von zwei Ausnahmen, die der Konzerntochter Renault anzulasten sind - schließlich stammt die Grundkonstruktion der Kabine aus Frankreich. Und dort hielt man es für eine gute Idee, den Hebel für die Motorbremse untypisch links am Lenkrad zu platzieren. Ebenfalls von Renault stammt die fummelige Bedieneinheit für die automatisierte Schaltung am rechten Lenkstockhebel, übrigens das exakt gleiche Bauteil, das auch im Renault T zum Einsatz kommt.

Bedient wird darüber schwedische Technik, die Verteilung der Antriebskraft übernimmt im Testfahrzeug das aus FH und FM bekannte I-Shift-Getriebe mit zwölf Vorwärtsgängen. Es agiert nicht minder souverän als in den größeren Brüdern, wechselt die Gänge äußerst schnell, stets sauber und reagiert angenehm feinfühlig auf feinste Gaspedalbefehle.

DIE 7,7 LITER HUBRAUM BENÖTIGEN DREHZAHL

Allerdings hat die automatisierte Schaltung im FE deutlich mehr zu tun, was dem kleinvolumigen Sechszylinder geschuldet ist. Die 350 PS und vor allem das ab vergleichsweise späten 1200 Touren anliegende maximale Drehmoment von 1400 Newtonmeter haben zu tun, um die 26 Tonnen schwere Testfuhre bei Laune zu halten.

An Steigungen funktioniert das nur mit entsprechenden Drehzahlen, weshalb I-Shift die 7,7 Liter Hubraum hier spätestens bei 1300/min erlöst - und damit keinesfalls übertrieben früh. Übertrieben dagegen: Das Getriebe dreht die Fahrstufen beim Beschleunigen unnötig bis 2000 Touren aus. Hier kann der Fahrer durch leichte Gaswegnahme im richtigen Moment aber Abhilfe schaffen.

Per Betriebsbremse eingreifen muss der Fahrer regelmäßig auch bergab. Die bei 2650 Touren 170 Kilowatt starke Kompressions-Motorbremse kann gegen die 26 Tonnen Gesamtgewicht keine Wunder vollbringen.

Auf kurvigen Landstraßen macht sich beim Testfahrzeug die Volvo-untypisch schwammige und wenig Rückmeldung gebende Lenkung bemerkbar. Hauptverantwortlich dafür dürfte die elektrohydraulisch gelenkte Nachlaufachse sein, welche die Wendigkeit im Stadtverkehr dafür deutlich verbessert.

Fahrwerkseitig gibt es dagegen nichts zu bemängeln, mit drei luftgefederten Achsen (selbstredend Option) erweist sich der FE als sehr komfortabler Gleiter.

PASSABLER VERBRAUCH, NIEDRIGES LEERGEWICHT

Zum Gleiten ist die anspruchsvolle und mit knackigen Landstraßensteigungen versehene TRUCKER-Verteiler-Testrunde wenig geeignet. Insofern geht der Verbrauch von 28,06 l/100 km, den der Test-FE für die Beförderung der 26 Tonnen in Rechnung stellte, in Ordnung. Hinzu kommt noch der AdBlue-Konsum, der sich auf der Testrunde bei knapp 4,9 Prozent vom Dieselverbrauch einpendelte.

Ebenfalls keinen Grund zur Klage offenbart die Gewichtsbilanz des Göteborgers. Ohne Aufbau belastet das Testfahrzeug die Waage mit 7,24 Tonnen. Bleiben ordentliche 18,76 Tonnen für Aufbau und Ladung - in den Spier-Athlet-Thermo-Koffer des Test-FE durften knapp 15,6 Tonnen eingeladen werden. In diesem Punkt reiht sich der FE also in die Volvo-Lkw-Familie ein, schließlich gehören FM und FH in ihren Klassen ebenfalls zu den leichten Vertretern.

Nicht nur deshalb ist Volvos zweitleichteste Lkw-Baureihe durchaus eine Alternative zu Actros, TGM, Eurocargo und Co. Etwas mehr Verwandtschaft zu den größeren Volvo-Brüdern bei Materialauswahl und Innenraumgestaltung würde dem FE aber nicht schaden.

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